Teil 2 von Christa Wilke
In den 80er Jahren plante man die Umgestaltung des Hörder Neumarkts mit öffentlichen Mitteln. Die bis dahin vorwiegend als Parkplatz genutzte Fläche sollte ein Ort mit guter Aufenthaltsqualität für Kinder und Erwachsene werden. Der aus dem 2. Weltkrieg stammende Bunker unter dem Marktplatz wurde verfüllt, man pflanzte neue Bäume und stellte ringsherum Bänke auf. Die Arbeiten wurden 1988 abgeschlossen.
In erster Linie genutzt wurde der Platz dann allerdings von Gruppen, deren Verhalten häufig Anlass zu Beschwerden und Polizeieinsätzen gab. Auch mit der Sauberkeit lag einiges im Argen. Das über die vielen Jahrzehnte in sich intakte Neumarktviertel wurde in der Öffentlichkeit zunehmend negativ wahrgenommen und die gesamte Anwohnerschaft gleich mit. Politik und Verwaltung waren gefragt. Auf dem Marktplatz fand eine Reihe von Bürgerversammlungen statt bei denen zeitweise bis zu 40 unzufriedene Personen anwesend waren.
Ein Runder Tisch wurde ins Leben gerufen und dort immer wieder darauf hingewiesen, dass eine grundlegende Änderung der Situation nur aus der Bürgerschaft selbst zu erreichen sei. Nach gut zwei Jahren Vorlauf und reiflicher Überlegung faßte das Ehepaar Christa und Horst Wilke den Entschluss die Initiative zu ergreifen. Durch persönliche Ansprache der Nachbarn und Aushänge in den Geschäften rund um den Marktplatz taten sie ihre Absicht kund. Sie fanden Gleichgesinnte bei Anwohnern, Gewerbetreibenden und Haus- und Wohnungseigentümern. Das erste gemeinsame Treffen fand statt im Januar 2004, in einem Nebenzimmer der seit über 100 Jahren unter dem Namen „Haus Rode“ geführten Gaststätte direkt am Neumarkt. Zu diesem Zeitpunkt noch eine der für unsere Region typischen Arbeiterkneipen.
Die IG Hörder Neumarkt ¼ war geboren!
Sie verstand sich als lose Gruppe engagierter, ausschließlich ehrenamtlich tätiger Bürger ohne parteipolitische oder konfessionelle Ausrichtung. Über die Zielsetzung waren sich die Anwesenden sofort einig und der rege Gedankenaustausch führte gleich am ersten Abend zu einem Ergebnis. Unter dem Motto „Bürger für Bürger“ sollte im Viertel das nachbarschaftliche Miteinander gestärkt und der Hörder Neumarkt sowie das Wohnumfeld verschönert werden. Positive Aktionen und eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit sollten dazu beitragen dem Viertel seinen ursprünglich guten Ruf zurückzugeben.
Das erste entsprechende Ereignis sollte ein Fest sein.
Mit der Bekanntmachung: „Im Viertel tut sich was! Packen Sie´s mit an !?!“
wurden die Mitbürger gebeten sich an der Umsetzung des Vorhabens zu beteiligen. Der Aufruf hat sehr gut funktioniert – auch bei den jungen Familien. Und so nahm die Sache ihren Lauf…
Ohne einen Cent, aber mit viel Elan und Freude begann man gemeinsam mit den Vorbereitungen. Im Juli 2004 war es dann soweit: Das erste Hörder Neumarktfest – inzwischen eine feste Größe im Hörder Veranstaltungskalender – wurde gefeiert und war sofort ein Erfolg.
Nach der Gründung traf sich die Gruppe über Jahre in der inzwischen nicht mehr bestehenden Gastwirtschaft „Keglerstuben“ an der Hochofenstraße.
Der IG jederzeit mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben die Vertreter aus Politik, Verwaltung und dem Stadtbezirksmarketing. Verlässlich begleitet und unterstützt wurde sie in all der Zeit auch von Institutionen, Künstlern, den Kirchengemeinden und Geschäftsleuten, um nur einige zu nennen. Ein besonderer Dank gilt hier der Presse für die zahlreichen positiven Berichte über das Geschehen am Neumarkt.
Aus der Bürgerschaft beteiligten sich ebenfalls viele freundliche und hilfsbereite Menschen. Im Nachhinein kann man sagen, dass ganz Hörde und Umgebung das „Experiment Hörder Neumarkt“ zum Erfolg geführt hat. Ein solcher Zusammenhalt macht Freude und gibt den Mut zum Weitermachen! Der Einsatz für den guten Zweck und das ehrliche Miteinander aller Beteiligten hat sich ausgezahlt.
Was bislang für das Hörder Neumarktviertel erreicht werden konnte:
- 12 große Nachbarschaftsfeste mit dem Schwerpunkt Kinderfest – für die legendäre Kuchentheke wurde im Viertel immer fleißig gebacken.
Der Erlös der Feste kam als Spende zum größten Teil dem Hörder Spielplatzverein zugute - Es gab 4 gut besuchte Kunstmärkte und mehrere stimmungsvolle Treffen unterm Tannenbaum
- 5 neue Spielgeräte wurden installiert – und es sollen mehr werden
- Zudem konnte rund um den Platz ein Tempolimit von 20 km/h erreicht werden
- Die Bepflanzung der Baumscheiben mit der Rosensorte: „Die schöne Dortmunderin“ und zwei zusätzlich aufgestellte Bänke – gespendet von der Firma Freundlieb und der IG – verbesserten weiter die Aufenthaltsqualität
- Die künstlerische Gestaltung der Stromstation durch DEW21, z.T. mit Motiven aus der Historie des über 100 Jahre alten Marktplatzes ist eine weitere Bereicherung
- Anlässlich des 9. Neumarktfestes wurde vom Jugendservicebüro der gehäkelte Wintermantel der Schlanken Mathilde zu einem Sommerkleid für die Stahlskulptur auf dem Hörder Neumarkt umgearbeitet.
- 1000 Postkarten mit dem Aufdruck „Hörder Neumarkt – Mein Viertel“ gingen in alle Welt
- Dank der nachträglichen Aufnahme in das Stadtumbaugebiet wurden die Stadtteilagentur und das Kulturbüro „extraWurst_hörde“ Am Heedbrink 29 eröffnet
- Im Haus Rode richtete Marco Rudolph das gemütliche, „etwas andere“ NeumarktWeihnachtsWohnzimmer ein
- Im Rahmen der Ruhr 2010 war der Hörder Neumarkt als Teil des Kunstprojekts „Fliegende Bilder“ von Adolf Winkelmann im Dortmunder U zu sehen
Die Lebensqualität und somit auch die Wohnzufriedenheit der Bürger im Quartier Hörder Neumarkt wächst ständig.
Bei gutem Wetter herrscht ein munteres Treiben auf dem inzwischen zum Mehrgenerationenspielplatz ausgebauten Neumarkt. Vor allem die Kinder haben ihre Freude und nutzen gern phantasievoll die ihnen gebotenen Spielmöglichkeiten.
Der auf die Zukunft ausgerichtete, kontinuierliche Einsatz der IG trug und trägt weiterhin Früchte:
Im Septembr 2014 gründete sich der gemeinnützige Verein „Wir am Hörder Neumarkt“, der die Pionierarbeit der IG Hörder Neumarkt ¼ erfolgreich weiterführt.
Die ganze Geschichte jetzt auch als Broschüre